Landestreffen 2023

Trotz widriger Umstände (späte Akkreditierung durch die Hessische Lehrkräfteakademie) konnte das Landestreffen 2023 – wie geplant – am 14. September in der Tagungsstätte in Weilburg stattfinden. Das Leitungsteam hatte wieder eine attraktives Programm zusammengestellt und konnte 40 Kolleginnen und Kollegen begrüßen. Referenten/-innen waren

  • Prof. Dr. Holger Horz (Uni Frankfurt) mit einem Impulsreferat zum Thema „Künstliche Intelligenz“
  • OStD Friedhelm Walther (AGD-Vorsitzender) mit einem Grußwort und einem Statement zur Unterstützung unserer Forderungen
  • Dipl.-Hdl.’in Monika Otten (glb-Vorsitzende) mit einem Grußwort
  • StD’in Anna Schweitzer und BÜA-Koordinator Andre Strunk (Gewerbliche Schulen Dillenburg) mit einem Referat zum Thema „Kooperationen im Bereich der Berufsorientierung und Berufsvorbereitung“


Prof.essor Horz referierte über Potenziale, Probleme und Ängste, die mit dem Thema „KI“ in Gesellschaft, Arbeitswelt und Schule verbunden seien. So werde es zu gravierenden Veränderungen in Arbeits- und Ausbildungsprozessen kommen und auch die Bereiche des Lehrens und Lernens nachhaltig verändern. In den Schulen sei seit längerem ein Trend weg von analogen hin zu digitalen Medien zu beobachten. Auch Leistungstests und Noten würden wegfallen. Der Bereich der „Learning Analytics“ als Analyse zur Optimierung von Prozessen werde ausgebaut und weiterentwickelt, beim „adaptiven Testen“ werde es eine höhere Effizienz geben. Authenzität, Diagnostik und Feedbackprozesse könnten mit „KI“ verbessert werden.

90 Prozent der Lehrkräfte empfänden die Digitalisierung als Belastung. Deshalb müsse das Tempo der Fort- und Weiterbildung erhöht werden, um den Anschluss nicht zu verlieren. Dies sorge wiederum für Ängste und Sorgen. Berufe – auch akademische – würden wegfallen und immer mehr Dienstleistungen digitalisiert; dieser Prozess sei unumkehrbar. Die Frage sei nun, wie eine thematische Vorbereitung darauf aussehen könnte.

Die Leistung des Gehirns werde über maschinelle Prozesse simuliert, so die technische Grundüberlegung. Kernstück der „KI“ sei die Fähigkeit, komplexe Datengefüge immer weiter zusammenzuführen. Das System entwickele sich mit den Daten intern weiter und werte Algorithmen selbstständig aus. Damit könne der Mensch von außen nicht mehr rückschließen, was wie im Computer passiert und wie die Ergebnisse zustande gekommen seien.

Grundbedenken seien auch die „unechte Gefahren“, die die Digitalisierung als ein insgesamt gefahrvolles System bezeichnen – genannt wurde hier als ein Verfechter dieser Theorie Prof. Spitzer (früher Universität Ulm). Als eine „echte Gefahr“ benennt Prof. Horz die Immersion, das kontinuierliche Hineinziehen einer Person in das digitale Medium. Würden dann zu viele Dinge auf einmal aufgenommen, könne es dazu kommen, dass Sachverhalte leideten und der Überblick verloren gehe. „KI“ ermögliche über die Datenauswertung eine Verhaltenskontrolle des Menschen. Das sei schon jetzt bei der Onlinewerbung zu bemerken, die sich an den aufgerufenen Webseiten orientiere. Ein weiterer Aspekt sei, dass „KI“ Prognosen liefere, aber keine Entscheidungen. Schließlich habe die „KI“ kein Bewusstsein und keine moralischen Werte.

Prof. Horz ging auch auf „KI“-Tools wie „School GPT“, das Übersetzungstool „DeepL“ und „Slide AI“ für Präsentationen ein. Sein Ausblick und seine Fragestellungen am Schluss des Vortrages waren:

  • Was sind die Fakten?
  • Wie kann die „KI“ selbst gesteuert genutzt werden?
  • Wie kann die „KI“ umgesetzt werden?
  • Was brauchen die Schülerinnen und Schüler?
  • Welche Orientierungspunkte gibt es zur Unterstützung einer sinnvollen Umsetzung?
  • Auf welche Gesellschaft wollen wir hinarbeiten?

Die anschließende Diskussion war lebhaft und Prof. Horz untermauerte seine Betrachtungsweisen durch beispielhafte Erfahrungsberichte.


OStD Walther stellte die AGD kurz vor und nahm Bezug auf das Anfang Mai geführte Gespräch mit Leitungsteam-Mitgliedern und die von den Kaufmännischen Schulen in Marburg im November 2022 initiierte Resolution zu den Arbeitsbedingungen von Fachpraxislehrkräften. Durch seine Rechtsfähigkeit als „eingetragener Verein“ sei der Kontakt der AGD zum HKM besser umsetzbar und die Belange der Schulen und die der Studienseminare besser gegenüber dem Ministerium vertretbar.

Die Resolution der Fachpraxislehrkräfte werde von der AGD als nachvollziehbar angesehen. Folgende Aspekte stellte Herr Walther besonders heraus:

  • Es passe nicht mehr in die Zeit, dass Fachpraxislehrkräfte eine Stunde mehr arbeiteten als ihre Kollegen/-innen mit Lehramt.
  • Der Einsatz von FLatF in den Schulen sollte effizienz-basierend angesehen und bewertet werden.
  • Die Würdigung von Arbeitsleistungen sollte einen Aufstieg nach A 12 ermöglichen.
  • Für Sonderaufgaben sollten Deputatstunden für FLatF ermöglicht werden.
  • Zur Entwicklung und zum Aufstieg der Fachpraxislehrkräfte seien der Erwerb von Fakultas in einem zweiten Fach (z. B. Ethik) oder des Lehramtes jeweils parallel in der Dienstzeit mit einem ausreichenden Stundendeputat als Weiterbildung sinnvoll.
  • Die Unterscheidung von FLatF und Kollegen/-innen mit Lehramt liege im fehlenden zweiten Fach. Sein Vorschlag: Hier könnten die Schulleitungen mit einem Gutachten die Beförderung ermöglichen. Wünschenswert wäre an dieser Stelle mehr Vertrauen des HKM in die Schulleitungen.

Das Thema „Zukunftsfähige Berufsschule“ sei auch ein Gesprächsgegenstand mit Kultusminister Prof. Lorz und der stellvertretenden Abteilungsleiterin, Frau Rüger, gewesen. Der Einsatz der Fachpraxislehrkräfte solle auch weiterhin in den Lernfeldern der Berufsschule möglich sein.

Bei den abgesenkten Mindestgrößen von Berufsschulklassen (12 Schüler/-innen im ersten Ausbildungsjahr, neun im zweiten, acht im dritten sowie fünf im vierten) sei keine Veränderung geplant. Kritik der AGD gegenüber dem HKM gebe es bei der sog. „Affinitätenliste“.



Die glb-Landesvorsitzende Monika Otten stellte heraus, dass Fachpraxislehrkräfte ein wichtiges Thema im Landesvorstand seien und einen großen Teil der Mitgliedschaft stellten. Im Bundesverband der Berufsbildner sei auch der glb Mitglied und somit seien FLatF auch dort vertreten. Allerdings sei die Situation der Fachpraxislehrkräfte bundesweit sehr unterschiedlich; die Ausbildung müsse so organisiert werden, dass ein beruflicher Wechsel über Ländergrenzen hinweg möglich sei.

Frau Otten lobte die Arbeit der Fachpraxislehrkräfte im Rahmen der Unterrichts- und Schulentwicklung sowie die Tätigkeit in Aufgabenerstellungs- und Prüfungsausschüssen der Kammern.

Auch der glb sowie der Deutsche Beamtenbund Hessen, deren Gliedverband der glb sei, hätten im Vorfeld der Landtagswahl Wahlprüfsteine erarbeitet und den Landtagsfraktionen zur Stellungnahme vorgelegt. Darüber werde in den „glb-Impulsen“ berichtet.


StD’in Anna Schweitzer als zuständige Abteilungsleiterin und BÜA-Koordinator Andre Strunk von den Gewerblichen Schulen des Lahn-Dill-Kreises in Dillenburg – einer Schule mit 1800 Schülern/-innen und sieben Berufsfeldern – stimmten mit einem Kurzfilm auf das Thema ein und stellten das BÜA- und Berufsvorbereitungskonzept ihrer Schule vor. Über viele Jahre entwickelt stelle die Kooperation mit Ausbildungsbetrieben einen sehr gut funktionierenden Bereich dar. Ziel von BÜA sei der Weg in die Selbstständigkeit der Schüler/-innen und die berufliche Grundbildung im jeweiligen Berufsfeld.

BÜA beinhalte zwei Tage betriebliches Praktikum, wobei die Tage – zeitlich begrenzt – bis auf fünf Tage im Betrieb angehoben werden könnten. Das Fach „Profilgruppenunterricht“ (PGU) sei das Fach zur Persönlichkeitsentwicklung. Wichtig dabei sei in den Klassen die sozialpädagogische Betreuung. In einer BÜA-Klasse seien 16 und im BBU-Unterricht acht Schüler/-innen. Die Berufsorientierung beinhalte zwei Berufsfelder. Dabei stelle der BBU-Unterricht eine fachliche Grundausbildung im Berufsfeld sicher. Obligatorisch seien Praktika von 2 mal 3 Wochen in Kooperationsbetrieben. Zur Orientierung gebe es eine Praktikumsmesse in der Schule; mit einem Laufzettel erkundeten die Schüler/-innen mindestens fünf Betriebe. Im Rahmen einer öffentlichen Präsentation stellten die Schüler/-innen ihre Praktika vor.

Durch die zahlreich vertretenen BÜA-Koordinatoren/-innen ergab sich im Anschluss eine längere Diskussion zu diesem Vortrag und auch im allgemeinen Informations- und Erfahrungsaustausch.

„BÜA 2.0“ beinhalte ein neues, sehr umfangreiches Konzept mit einem stark erweiterten Kompetenzraster. Allerdings gebe es großen Klärungsbedarf zur Neuausrichtung. Mehrheitlich wird das Konzept kritisch gesehen. Damit werde der bisherige Charakter der Orientierung mit einer Hinführung zur Berufsfindung quasi ausgehebelt. „BÜA 2.0“ gehe dann an den Schülern/-innen vorbei. Der Schulversuch habe nur Handreichungen als Arbeitsgrundlage, aber keine Gesetze und Verordnungen. Damit sei das Verfahren rechtlich fragwürdig. Ein Vorschlag in der Diskussion war, das geforderte Raster „eins zu eins“ umzusetzen und dann den Stand der Dinge real zu ermitteln.

Die Diskussion zeigte den bestehenden Gesprächsbedarf. Auch beim nächsten Landestreffen wird BÜA wieder auf der Tagesordnung zu finden sein.


Impressionen aus den Berufsfeldgruppen


Sigi Groß berichtete über die Arbeit des Leitungsteams seit dem letzten Landestreffen Anfang November 2022. Drei neu gewählte Mitglieder bereicherten die Arbeit im Team, eine Verjüngung des Gremiums müsse in zwei Jahren umgesetzt werden, da einige Mitglieder altersbedingt ausscheiden würden. Eine Mitarbeit als kooptiertes Mitglied sei jederzeit möglich.

In einer Klausurtagung Anfang Februar 2023 erarbeitete das Leitungsteam Wahlprüfsteine für die anstehende Landtagswahl. Diese seien von allen angeschriebenen Landtagsfraktionen zeitgerecht abgegeben worden und waren eine der Gesprächsgrundlagen des Austauschs mit den bildungspolitischen Sprechern/-innen der Fraktionen (außer AfD) Mitte Juli im Hessischen Landtag in Wiesbaden. Dabei nahm auch das Thema „Fachkräftemangel“ breiten Raum ein.

Der Co-Sprecher des Leitungsteams ging auch auf das Treffen mit dem neuen AGD-Vorsitzenden, Herrn Walther, Anfang Mai ein. Bedauerlich sei, dass es trotz mehrfacher Versuche zu keinem Austausch mit Vertretern/-innen des Handwerks bzw. der Kammern kam.

Insgesamt machten die Gespräche mit der AGD und den Landtagsabgeordneten Mut, dass sich bei der Umsetzung der Forderungen der FLatF „bald etwas tue“. Die Netzwerk-AG werde aber so lange gebraucht, bis das „Bohren dicker Bretter“ etwas gebracht habe.


Es werde im Leitungsteam weiter darüber nachgedacht, eine Kundgebung in Wiesbaden durchzuführen. Es müsse aber sichergestellt werden, dass bei einer solchen Veranstaltung eine sehr große Anzahl von Fachpraxislehrkräften anwesend seien, um den Forderungen auch öffentlich Nachdruck zu verleihen.

Sollte sich nach der Landtagswahl keine Bewegung bei den Forderungen der Netzwerk-AG zeigen, soll eine Initiative zur „amtsangemessenen Besoldung“ ergriffen werden.

Eine neue Website der Netzwerk-AG soll bis zur Ende der Wahlperiode des Leitungsteams (Sommer/Herbst 2025) erstellt werden.

Stefan Döring – Sigi Groß

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